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„Die Barrieren sind oft in den Köpfen“ - sagt Patrick Schroeder, Teamleiter beim Integrationsfachdienst Bodensee-Oberschwaben

Der Integrationsfachdienst unterstützt Menschen mit Schwerbehinderung bei der Integration in den Arbeitsmarkt und bietet umfassende Beratung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Veröffentlicht am 08.06.2024
Patrick Schroeder ist Teamleiter beim Integrationsfachdienst Bodensee-Oberschwaben. | Bilder: Vitalii Vodolazskyi - stock.adobe.com (oben) und ifd (rund)

Herr Schroeder, was genau macht der Integrationsfachdienst eigentlich?

Patrick Schroeder: Wir kümmern uns darum, dass Menschen mit Schwerbehinderung am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Markt teilhaben können. Dazu beraten wir sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber. Wir sind auch Ansprechpartner, wenn jemand im Verlauf seines Arbeitslebens eine Behinderung erwirbt und unterstützen, das bestehende Arbeitsverhältnis zu erhalten. Ebenso begleiten wir Schüler aus den SBBZ (früher Förderschulen), genauso wie Werkstattbeschäftigte, und unterstützen sie beim Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.

Wie sieht diese Unterstützung aus?

Wir unterstützen Arbeitgeber auch im Umgang mit Behörden und Anträgen. Dafür informieren wir über Zuschüsse sowie Unterstützungsleistungen und nehmen Kontakt zu den Leistungsträgern auf. Wir schulen auch Personal, um für das Thema Schwerbehinderung zu sensibilisieren und beraten mit unserem Fachwissen ganz konkret zum jeweiligen Einzelfall.

Inwieweit profitieren Arbeitgeber davon, dass Sie Integration in ihrem Betrieb ermöglichen?

Zunächst profitieren Arbeitgeber von den beruflichen Fähigkeiten des Menschen mit Behinderung. Die Betroffenen haben auch gelernt mit ihrer Behinderung umzugehen und sich zu behaupten. Durch die häufige Erfahrung, dass ihr Zugang zum Arbeitsmarkt erschwert ist, sind sie besonders motiviert und kreativ im Lösen von Problemen. Außerdem wirkt sich die Integration von Mitarbeitenden mit Einschränkungen positiv aufs Employer Branding aus: Der Ruf als Arbeitgeber kann sich verbessern.

Welche Auswirkungen auf die Belegschaft haben Sie beobachtet?

Wenn bei einem Menschen mit Behinderung ein Unterstützungsbedarf besteht und das Team oder die Belegschaft dem mit Offenheit begegnet und Barrieren mit abbaut, entsteht ein besonderes Wir-Gefühl. So ein Mitverantwortungsbewusstsein schweißt ein Team zusammen. Wir erleben häufig, dass die Mitarbeiterbindung in diesen Betrieben größer ist und die Stimmung positiver.

Wie sieht es mit den Betroffenen aus? Welche Vorteile haben sie von einer Stelle auf dem regulären Arbeitsmarkt?

Arbeit hat einen hohen Stellenwert, auch für Menschen mit Behinderung. Indem Betroffene ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten ins Arbeitsleben einbringen können, fühlen sie sich als Teil der Gesellschaft. Am Beispiel von Beschäftigten in Werkstätten führt dies oft zu einem Motivationsschub. Jedoch haben viele Betroffene Bedenken gegenüber ihrer eigenen Leistungsfähigkeit und trauen sich den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zu. Das zeigt auch die geringe Quote beim Übergang aus Werkstätten in Arbeitsverhältnisse, die bei nur knapp 1 Prozent liegt. Wir setzen uns also dafür ein, dass mehr schwerbehinderte Menschen den direkten Einstieg auf den allgemeinen Arbeitsmarkt schaffen und unterstützen sie dabei.

Warum ist es nicht schon längst üblich, behinderte Menschen mehr in reguläre Stellen zu integrieren?

Die Barrieren sind oft in den Köpfen, weil viele Menschen glauben, dass behinderte Arbeitnehmer weniger belastbar sind. Außerdem ist da die Sorge vor bürokratischen Hürden. Genau diese wollen wir mit unserem Angebot abbauen – für beide Seiten.

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Heike Thissen

 

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